Elberfelder System und Straßburger System

Neben den bereits erläuterten Reformmodellen in der Kinder- und Jugendhilfe zur Zeit der Industrialisierung gab es auch in der Armenfürsorge zwei neue und wichtige Modelle, die zu dieser Zeit entstanden und in diesem Artikel ausführlich erklärt werden sollen.Die beiden Modelle waren der Versuch, eine Lösung innerhalb der Armenfürsorge für die Soziale Frage während der Industrialisierung zu finden.

Sie wurden im Jahre 1853 im heutigen Wuppertal eingeführt und wurden schnell von vielen weiteren Städten übernommen. Sie stellen ebenfalls die ersten wirklichen Ansätze einer staatlich bzw. kommunalen organisierten Armenfürsorge dar.

Aber: Insgesamt wurde hierdurch die Soziale Frage nicht gelöst ( siehe vorherigen Artikel).

Zu Beginn gab es hierbei das Elberfelder System, welches anschließend im gleichen Jahr zum Straßburger System weiterentwickelt wurde.

Das Elberfelder System:

Hierbei wurde die Stadt in feste Bezirke sowie Quartiere eingeteilt. Jeder Bezirk wurde durch einen zwangsverpflichteten ehrenamtlichen „Vorsteher“ kontrolliert.

Jeder Bezirk bestand wiederum aus mehreren Quartieren, in welchen sich jeweils wieder eine ehrenamtliche Pflegekraft um ca. 4 hilfsbedürftige Menschen kümmerte.

Obwohl in diesem Zusammenhang eine zentralisierte „Armenverwaltung“ Richtlinien zum Umgang mit den hilfsbedürftigen Menschen erließ, wurden die konkreten Maßnahmen jedoch in den Bezirksversammlungen entschieden. Sie wurden also immer noch dezentral getroffen.

Hilfeleistungen wurden den Hilfebedürftigen in diesem System grundsätzlich nur über einen Zeitraum von 2 Wochen gewährt, anschließend kam es zu einer erneuten Bedarfsprüfung, über welche wieder dezentral neu entschieden wurde.

Sehr oft wurde den hilfsbedürftigen Personen hierbei eine konkrete Arbeitstätigkeit in der Privatwirtschaft sowie innerhalb öffentlicher Aufgaben zugewiesen.

Insbesondere sollte durch die sehr engmaschigen Kontrollen ein „Ausnutzen“ der Hilfeleistungen verhindert werden, durch die Arbeitsanweisungen wurde die extrem billige Arbeitskraft der in Armut lebenden Menschen für privatwirtschaftliche bzw. öffentliche Zwecke systematisch ausgenutzt, nicht zuletzt um Kosten zu vermeiden.

Das Straßburger System:

Aufgrund der Struktur des Elberfelder Systems kam es aus Sicht des Staates bzw. der Kommunen zu einigen „Schwachpunkten“, welche durch die Weiterentwicklung zum Straßburger System „ausgebessert“ werden sollten:

  • Da die ehrenamtlichen Mitarbeiter vor Ort auch immer mit über die Hilfeleistungen entschieden, fielen diese aus Sicht der Städte oftmals zu hoch aus.
  • Es gab keine klare Trennung der zwei Ebenen (siehe zweckrationale Programme)
  • Es hab keine zentralisierte Entscheidungsstelle
  • Die Ehrenämter waren zwangsverpflichtet, mussten also diese Tätigkeit ausüben: Dies führte oft dazu, dass es weniger „Strafmaßnahmen“ gegen die Hilfsbedürftigen gab. Zudem waren sie nicht speziell für ihre Aufgabe ausgebildet

Aus diesen Gründen wurde das Elberfelder System erneuert und in das Straßburger System umgewandelt. Hier gab es nun eine zentralisierte Entscheidungsgewalt, das sog. „Armenamt“, welches über die konkreten Maßnahmen entschied.  Ebenfalls gab es nun eine komplette Trennung des Systems zur Armenfürsorge in zwei verschiedene Ebenen (siehe Konditionalprogamme).

Durch diese Trennung war die Armenfürsorge nun mit erheblich mehr Bürokratie verbunden ( Bürokratisierung) und die Personen, die zentral über die konkreten Hilfemaßnahmen entschieden, hatten keinen Kontakt mehr zu den betroffenen Personen „vor Ort“.

Ebenfalls wurden nun vermehrt hauptberufliche Pflegekräfte statt der zwangsverpflichteten Ehrenämter eingesetzt.  Erstmals sollten diese die Hilfsbedürftigen auch am Rande „pädagogisch“ betreuen.

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