Hilfe-Formen und Merkmale einer hochkultivierten Gesellschaft

Das Hauptmerkmal einer hochkultivierten Gesellschaft ist, dass diese stratifikatorisch differenziert ist: Damit ist die klare Einteilung bzw. Trennung der Gesellschaft in verschiedene Schichten/Kasten/Stände gemeint.

Durch diese sehr ungleiche Verteilung von Ressourcen kann es zu sozialen Spannungen kommen. In einem solchen Gesellschaftssystem kommt es ebenso zu einer Pluralisierung der Notlagen sowie Hilfeformen. 

Das bedeutet, dass durch die verschiedenen Stände eine wesentlich größere Anzahl an Individuen von den gleichen Notlagen betroffen ist und auch Hilfeformen – beispielsweise im Gegensatz zur archaischen Gesellschaft – direkt bei einer wesentlich größeren Anzahl von Gesellschaftsmitgliedern benötigt werden.

Weitere Merkmale der hochkultivierten Gesellschaft sind, dass es in einer solchen ein wesentlich komplexeres politisches System und auch viel mehr Bürokratie gibt.

Weiter wird die durch die Ständegesellschaft geschaffene Ungleichheit als gottgewollt und religiös legitimiert angesehen.

Hilfe in einer hochkultivierten Gesellschaft

Da hier nicht mehr alle Individuen in der gleichen Ausgangssituation/Lage sind (vgl. archaische Gesellschaft), sondern es sogar sehr große Unterschiede zwischen den einzelnen Ständen gibt, gibt es auch keinen Grund mehr für die wechselseitige Hilfe. 

Ein Adliger ist nicht auf die Hilfe eines Bauern angewiesen und wird diesem daher auch nie nur aus diesem Grund helfen.

Weiter werden in einer hochkultivierten Gesellschaft die Leistungen bzw. Gegenleistungen formell mit Verträgen etc. abgewickelt und nicht mehr informell.

Hier ist also die wechselseitige Abhängigkeit, welche vorher die Hauptmotivation zur wechselseitigen Hilfe darstellte, weggefallen, da durch das Ständesystem keine relative Gleicheit mehr herrscht: Dieses Problem wird gelöst, indem nun die Hilfe aufgrund von „Moral“ bzw. gesellschaftlicher Anerkennung und standesgemäßen Verhaltens stattfindet:

So spenden Adel und Klerus Gaben an die arme Bevölkerung, da sich dies für Ihren Stand und nach der damaligen religiösen Weltauffassung so gehört. Sie „tauschen“ quasi die Spenden nun gegen gesellschaftliche Anerkennung und Akzeptanz.

Beispiel für die Hilfe in einer hochkultivierten Gesellschaft:

Hier kann man sich als Beispiel eine Stadt im Spätmittelalter vorstellen. Die Gesellschaft ist in verschiedene Stände eingeteilt, in welche man hineingeboren wird. Zwischen diesen herrscht eine sehr große Ungerechtigkeit, was den Besitz von Ressourcen angeht.

In der Stadt leben mittlerweile schon über 5000 Menschen, sie ist somit im Vergleich zum frühmittelalterlichen Dorf wesentlich größer. Die Ungleichheit und das Ständesystem sind in dieser natürlich gottgewollt.

Die Gesellschaft ist hier schon wesentlich komplexer: So gibt es allerlei Ämter und Bürokratie, die Hierarchie der Gesellschaft ist wesentlich umfangreicher und feiner ausgeprägt ( Stadthalter, Fürsten, Kirche, Minister, Sekretäre etc.).

Weiter gibt es ebenfalls Gesetze und Vorschriften, auch werden Handelsleistungen etc. grundsätzlich schriftlich festgehalten. Adel und Kirche helfen der armen Bevölkerung nicht, weil sie auf deren Hilfe später einmal selbst angewiesen sein könnten, sondern aufgrund der religiösen Weltanschauung sowie um ihre eigenen Sünden wieder gut zu machen.

Vorteile der Hilfe in einer hochkultivierten Gesellschaft

Diese neue Form der Hilfe wird durch Moral und Religion gewährleistet und erfordert somit keine Gegenleistungen mehr.

Zudem gibt es die ersten sporadischen Anzeichen einer „organisierten Hilfe „, beispielsweise durch  Nahrungsverteilung an die Armen. Diese werden auch erstmals von speziellen Berufsgruppen, beispielsweise Pfarrern, durchgeführt.

Nachteile der Hilfe in einer hochkultivierten Gesellschaft

Da diese Hilfe nur durch die Moralvorstellungen etc. gewährleistet wird, ist sie auch sehr unkontinuirlich und instabil. Durch das ungleiche Ständesystem kommt es hierbei allerdings zusätzlich zu einer Pluralisierung der Notlagen.

Da in dieser Gesellschaftsform fast ausschließlich nur mit Währung  und Kapitalbildung und nicht mehr mit Gütern an sich gehandelt wird, kommt es tendenziell auch zu einer viel leichteren Vergleichbarkeit der Vermögen aller Individuen. Dadurch kann grundsätzlich die Bereitschaft zur Hilfe sinken.

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