Die Kadenz in einem Gedicht bestimmen – Wirkung und Funktion

Ob du es glaubst oder nicht, du wendest Kadenzen unbewusst schon lange an. Du benutzt die Grundlage der Kadenzen im Alltag, wenn du dich zum Beispiel mit deinen Freunden unterhältst.

Stell dir folgende Situation vor: Du telefonierst mit jemanden und du hast eine Frage an denjenigen. Du sagst vielleicht:

„Tom, ich habe eine Frage.“ Frage ist hierbei das letzte Wort deines Satzes oder auch deines Vers im Gedicht.

Das Wort „Frage“ besteht aus zwei Silben: Fra-ge. Welchen Teil würdest du betonen? Ganz klar, du würdest FRA-ge sagen und nicht die letzte Silbe (-ge) betonen. Weil es einfach nicht richtig klingt.

Wenn du dir ein Gedicht anschaust dann fällt dir bestimmt auf, das die Enden der Gedichtsverse je nach Betonung eine andere Atmosphäre schaffen. Dieses Ende eines Vers bezeichnet man als Kadenz. Die Kadenz sagt kurz und knapp aus, ob die letzte Silbe in einem Vers betont wird oder nicht. Du wirst sehen, wie wichtig es ist sich über die Kadenz Gedanken zu machen (und nicht nur, weil dein Deutschlehrer das so möchte).

Die Kadenz-Arten einfach erklärt

Grundsätzlich unterscheidet man zwischen drei Kadenzen: die männliche Kadenz, die weibliche Kadenz und die reiche Kadenz. Im Folgenden werden wir auf die einzelnen Fälle eingehen. Du wirst schnell verstehen wie eine Kadenz zu identifizieren ist und wie du diese anwenden kannst.

Männliche Kadenz

Die männliche Kadenz wird auch oft als stumpfe Kadenz bezeichnet. Wenn du einen Vers liest und dieser auf eine betonte Silbe endet, dann kannst du die männliche Kadenz leicht identifizieren. Wichtig: Diese Kadenz bezieht sich auf EINE betonte Silbe.

Schauen wir uns erst einmal ein Beispiel aus dem Alltag an:

„Tom gab ihr ein Kompliment.“

Wie würdest du „Kompliment“ betonen? Ziemlich wahrscheinlich würdest du die letzte Silbe betonen, nämlich kom-pli-MENT. Wie die Definition nun sagt bezeichnet dies eine männliche Kadenz.

Weibliche Kadenz

Die weibliche Kadenz meint, das ein Vers auf eine unbetonte Silbe endet. Wichtig: Diese Kadenz bezieht sich genauso wie die männliche Kadenz auf EINE unbetonte Silbe.

Schauen wir uns auch hier ein Beispiel aus dem Alltag an:

„Lisa gab ihm eine nette Antwort.“

Wie würdest du „Antwort“ betonen? Ziemlich wahrscheinlich würdest du die erste Silbe betonen, nämlich ANT-wort. Damit endet der Vers auf eine unbetonte Silbe, den -wort würdest du nicht betonen. Wie die Definition nun sagt bezeichnet dies eine weibliche Kadenz.

Reiche Kadenz

Es ist wichtig, als letzten Punkt noch die reiche Kadenz zu erwähnen. Denn vor allem zwischen der weiblichen und der reichen Kadenz kann es schnell zu Verwechslungen kommen. Bei der reichen Kadenz endet der Vers auf MEHRERE unbetonte Silben.

Die Kadenzen anhand „Ode an die Freude“ (Auszug)

Hier sind zwei Verse aus Schillers „Ode an die Freude“ aufgeschrieben und nach ihren Kadenzen analysiert wurden. Es sollte dir nicht schwer fallen diese zu identifizieren.

Freude, schöner Götterfunken, (Göt-ter-fun-ken,letzte Silbe ist unbetont, weibliche Kadenz)

Tochter aus Elysium, (E-ly-si-um, letzte Silbe ist betont, männliche Kadenz)

Einfach, oder? Nun bist du für die Analyse der Kadenzen in einem Gedicht ausgerüstet!

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